Blicke ich dreißig Jahre zurück, so spielten wir - wie heute - in der 2. Liga, jedoch standen wir nach zehn Spieltagen auf dem zweiten Tabellenplatz; am elften Spieltag der Saison sahen 24.700 Zuschauer ein Unentschieden gegen den ungeliebten Stadtrivalen. Eben jener 15. Oktober 1995 war darüber hinaus der Startschuss für einen neuen, durchaus ambitionierten Fanclub... wobei ich persönlich den Namen Fanclub bis zum heutigen Tage nicht passende finde... Gruppe gefiel mir schon damals besser, wollten wir doch etwas Neues, bis dato in Bochum nicht dagewesenes in die Ostkurve respektive in die Gästenblöcke der Republik tragen. Vorbild waren die bunten und lautstarken Kurven Italiens. In diese hatten wir uns während unserer zahlreichen Fußballtouren verliebt. Auch wenn die zu diesem Zeitpunkt bereits absteigende Fankultur auf der Insel zu diesem Zeitpunkt noch einen gewissen Reiz auf uns ausübte (und uns wohl den zweiten Teil unseres Namens bescherte), war Italien - zumindest für mich - bereits damals das Maß aller Dinge!
Die Faszination Italien im Allgemeinen und Ultrá im Besonderen zieht sich konsequent durch unsere inzwischen dreißigjährige Gruppengeschichte. Angefangen beim "Forza Bochum" und/oder "Forza Ragazzi", das ich als Vorsänger seinerzeit regelmäßig anstimmen durfte, über Slogans wie "la storia siamo noi", "sempre e ovunque dal 1995" oder das heute omnipräsente "Bochum per sempre" zieht sich die Hommage an die Väter der Ultrábewegung jenseits der Alpen wie ein roter Faden durch unsere Gruppengeschichte.
Während unserer Findungsphase in den Jahren 1995 und 1996 gab es nicht nur ein reges Kommen und Gehen bei uns Fantastic Supporters, sondern auch etliche Mitglieder, deren große Liebe eher im Süden der Republik, als im tiefen Westen lag. "Geschuldet" war das dem Mann, der maßgeblich für die Gründung unserer Gruppe war... Ralf Schikora, den ich bereits einige Jahre zuvor als Macher des Bochum und Bayern Freundschaftszines FANTASTIC und Mitglied des Fanclubs Blau-Weiße Union kennen und schätzen gelernt hatte.
Relativ schnell kristallisierte sich jedoch heraus, dass wir (Blau-Weißen) unser primäres Augenmerkt ausschließlich und mit aller Leidenschaft dem VfL widmen wollten! Geblieben ist die historische und gerade in den ersten sieben acht Jahren unserer Gruppe annähernd brach liegende Freundschaft zum FC Bayern München. Mit den Jungs und Mädels von der Dachau City, die wie wir auch in dieser schweren Zeit an diesem besonderen Bündnis festhielten, stehen wir seit nunmehr fast dreißig Jahren Seite an Seite. Wiederbelebt durch die Ultras beider Vereine feierte die Freundschaft zwischen beiden Fanszene Gastspiel unserer Mannen an der Isar im Frühjahr 2023 ihr fünfzigjähriges Bestehen; und das auf einer Ebene, von der wir seiner Zeit nur geträumt hatten!
Die Ultras… ein guter Zeitpunkt
den Bogen ins Jahr 1999 zu spannen. Mit uns und den drei Jahre später
gegründeten Supreme Corps verfügten wir Bochumer bereits relativ früh über zwei
Gruppen, die sich (zu diesem Zeitpunkt) als Ultragruppen verstanden. Nach
anfänglichen Reibereien zwischen den jungen Wilden und uns Alten (blicken wir
heute zurück, ist es schon lustig, wie seinerzeit „alt“ und „jung“ definiert
wurde – heute, zwei oder drei Fangenerationen später, ist eine derartige
Klassifizierung definitiv passender) merkten beide Seiten relativ schnell, dass wir
unsere durchaus hochtragenden Ziele wohl nur gemeinsam erreichen
würden. Um die Kräfte zu bündeln und etlichen gruppenlosen (zu diesem Zeitpunkt
hatten wir schon längst Abstand von einem offenen Mitgliedersystem genommen;
aufgenommen wurde nur noch, wer unsere Werte hundertprozentig teilte und auch
menschlich zu unserem doch sehr speziellen Haufen passte) eine Heimat zu
bieten, gründeten wir gemeinsam die Ultras
Bochum.
Von diesem Zeitpunkt an stellten
wir zumindest optisch unsere Gruppe in den Hintergrund; von der einen oder
anderen kleinen Geburtstagsaktion mal abgesehen. Das Ziel einer großen Gruppe…
nein, einer großen an einem Strang ziehenden Ostkurve hatte für uns inzwischen
oberste Priorität. Alle Kräfte gebündelt zum Wohle unseres Vereins!
Halten wir beim Thema
Gruppenjubiläen kurz inne; mit Ausnahme unseres fünfjährigen Bestehens sollten wir diese – wie auch heute – ausnahmslos in Liga zwei
feiern… so prekär wie aktuell war die Situation rund um unseren Herzensvereins
jedoch bis dato noch nie!
Über Höhen und Tiefen hatte ich auf unserer Feier vor zehn Jahren bereits gesprochen; so belasse ich es heute bei einem Rückblick auf die letzten zehn Jahre. Fangen wir mit den Tiefen an; der Ausgliederung, mit all ihren möglichen (bis heute glücklicherweise nicht eingetretenen) Konsequenzen (und Bedrohungen) folgte die Corona-Pandemie. Mal abgesehen von unterschiedlichen Meinungen zum Umgang mit dieser per se, zeigte sich der Profifußball und damit auch unser Verein von seiner hässlich(st)en Seite! Schade, dass genau in diese Zeit auch die langersehnte (aber eher ins Fabelreich abgestempelte) Rückkehr in die Beletage des Deutschen Fußballs fiel. Einen Aufstieg außerhalb des Stadions/der Stadien zu erleben (und zu feiern) ist mit Sicherheit nicht das, was wir Fans uns gewünscht haben. Glücklicherweise sollten uns nach der Rückkehr der Fans in die Stadien noch einige Spiele im Oberhaus bleiben; bleiben werden mit Sicherheit Erinnerungen an den genialen Sieg im Dortmunder Westfalenstadion (mit einhergehendem Klassenerhalt), der Sieg der aktiven Fanszene gegen den Investoreneinstieg in der DFL und/oder der irre Klassenerhalt in Düsseldorf.
Was mir in den letzten Jahren
persönlich jedoch am besten gefallen hat, ist die Tatsache, dass sowohl wir als Fantastic
Supporters als auch die Fan- und Ultraszene wieder enger zusammengewachsen ist,
was sich insbesondere in etlichen gemeinsamen Aktion/Fahrten/Feiern zeigt.