Mittwoch, 29. November 2017

Rezension: Robert Claus HOOLIGANS - Eine Welt zwischen Fußball, Gewalt und Politik

Und gleich noch ein Buch hinterher! Manch einer wird sagen, es gab doch schon sooo viele Bücher zu diesem Thema - Robert Claus, der sich schon das ein oder andere Mal als (Mit-)Autor mit den Themen Fankulturen, Hooligans, Rechtsextremismus, Männlichkeit, Soziale Bewegung und Gewalt auseinandergesetzt hat, betrachtet in diesem Buch die neue Generation Hooligans (und ihre Welt zwischen Fußball, Gewalt und Politik), aber auch den Einfluss der "Alten" auf das Hier und Jetzt lässt er nicht außen vor...
In der Einleitung werden vier zentrale Entwicklungen aufgezeigt - I. Hooligans altern, II. Hooligans erfinden den "Acker", III. Hooligans und rechte Ultras, IV. Hooligans professionalisieren ihre Gewalt  - die nach einem kurzen geschichtlichen Abriss von vierzig Jahren Hooliganismus in Deutschland näher erörtert werden.
Recht kurzweilig arbeitet Robert Claus seine vier zentralen Punkte ab, wobei die Verbindungen der "Alten" in die Rockerszene ebenso wenig fehlen dürfen, wie die "Erfindung" der Ackermatches. Nicht unbeachtet bleiben die heute scheinbar unabdingbare Verflechtung in den Kampfsport, sowie geschäftliche Beziehungen (gerade in Polen und Russland sagt man den führenden Köpfen der Hooliganszene Kontakte zur Mafia nach), politische Einstellungen (Stichwort: Hooligans gegen Salafisten) und internationale Netzwerke der Hooliganszene.
Zu Wort kommen ehemalige und aktive Hooligans, Neonazi-Aussteiger, Kampfsportler, Kenner des osteuropäischen Hooliganismus sowie der Rockerszene, Berater von Opfern rechter Gewalt, Fanarbeiter, Wissenschaftler, Fußballfans und weitere Experten.
Auf 187 Seiten gibt es eine differenzierte Analyse gepaart mit spannenden Reportagen der gewalttätigen und teils rechtsextremen Szene - ich persönlich denke, dass jeder, der sich einmal näher mit dem Thema Hooligans (anno 2017) auseinandersetzen will, hier durchaus auf seine Kosten kommt.
Robert Claus HOOLIGANS - Eine Welt zwischen Fußball, Gewalt und Politik
Herausgeber: Verlag die Werkstatt
Seiten: 192 - schwarz/weiß
Preis: 14,90
ISBN: 978-3-7307-0354-0


Dienstag, 28. November 2017

Rezension: DIABOS VERMELHOS 35 ANOS

Schwer schleppen musste heute unser Postbote - neben etlichen Fanzines trudelte endlich das langersehnte Buch der Diabos Vermelhos von Benfica Lissabon, erschienen anlässlich des 35jährigen Jubiläums der Gruppe, ein...
Das absolute Schwergewicht in meiner inzwischen doch recht umfangreichen Sammlung an Ultrabüchern dokumentiert die 35jährige Gruppengeschichte der Diabos Vermelhos 1982 (komischerweise waren mir zu Beginn meiner Fan-/Ultralaufbahn die zehn Jahre später gegründeten No Name Boys eher ein Begriff) auf unzähligen Fotos - mit den ergänzenden Texten kann ich leider wenig anfangen, bin ich des Portugiesischen leider nicht mächtig...
Untergliedert ist das Buch in zehn Kapitel: 01 Inicios... Anfänge // 02 Inferno da Luz // 03 On Tour // 04 Derbis // 05 Clássicos... mir persönlich scheint es so, als würden die Spiele gegen den ewigen Rivalen aus Porto einen höheren Stellenwert genießen als die Derbys gegen Sporting // 06 Tacas... hier geht es um die Finalspiele des portugiesischen Pokals // 07 Noites Europeias... europäische Nächte - leider hab ich hier kein Bild vom Gastspiel Benficas in München gefunden... bei diesem fackelten die No Name Boys übrigens eine ihrer Fahnen ab // 08 Modalidades... hier geht es um die "anderen" Sportarten Benficas // 09 Imprensa // 10 Vida de Ultra
Auch wenn der Preis für Nicht-Mitglieder der Diabos Vermelhos mit 60 Euro (zzgl. Porto - ist von Portugal nach Deutschland nicht gerade günstig) ziemlich hoch ist, kann ich das Jubiläumswerk jedem (Bücher)Freund der Ultrakultur das "Monster" (A4 - Hardcover) wärmstens empfehlen!
DIABOS VERMELHOS 35 ans
Herausgeber: Diabos Vermelhos Ultras Benfica desde 1982
Seiten: 400 - farbig
Preis: 60,00
Kontakt: dirccao1982@gmail.com / https://www.facebook.com/Diabos-Vermelhos-1982-136994372998177/


Samstag, 25. November 2017

Italien im Herbst 2002... Sampdoria vs. Genoa, Bologna vs. Perugia, Atalanta vs. Brescia e Toro vs. Juve

Nachdem die Reisen in die Vergangenheit bis dato großes Interesse bei den Besuchern des Blog hervorgerufen hat, komme ich heute dem Wunsch eines österreichischen Freundes nach, und stelle eine Tour von Thorsten aus dem Herbst 2002 online, bei dem er unter anderem das Derby zwischen Atalanta und Brescia besucht hat. Erschienen ist der Bericht anno 2006 in der 17. und bisher letzten Ausgabe des (PF)LÄSTERSTEINS (ganz richtig ist das nicht, erschien doch 2007 noch eine Sonderausgabe, in der sich alles um die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland drehte).
 
12. Spieltag Serie B Italien am 15.112002
Stadio Luigi Ferraris Genoa
UC Sampdoria vs. FC Genoa 2:1
 
Endlich sollte sich mein langersehnter Wunsch, einmal das Genueser Derby zu sehen, erfüllen... Zusammen mit Achim und Polenuli startete ich am Freitagvormittag erneut nach Italien. In Freiburg komplettierte HSV-Patrick die Autobesatzung, und weiter ging es 'gen Süden... Während der Fahrt war allen Beteiligten die Vorfreude auf die bevorstehende Genueser Stadtmeisterschaft deutlich anzumerken... Frühzeitig erreichten wir die norditalienische Hafenstadt. Mittels diverser Documenti sicherten wir uns einen Parkplatz in unmittelbarer Nähe des Stadio Luigi Ferraris... Glücklicherweise konnte auch das Kartenproblem relativ früh gelöst werden. Mit vierzig Euro war man dabei... Als wir das Stadion rund anderthalb Stunden vor Beginn des Spiels betraten, kochte die Stimmung in beiden Kurven... äh... Hintertortribünen bereits über... Als beide Mannschaften das Spielfeld um zwanzig vor neun endlich betraten, verwandelte sich die Gradinata Nord mittels Tifofähnchen in ein weißes Meer, flankiert von roten und blauen Silberfolien. Im Zentrum der Geraden wurde zudem ein riesiger Greifvogel, Wappentier des FC Genoa,  an Seilen heraufgezogen. Ob  der "GENOA" Schriftzug wirklich links neben dem Greifvogel präsentiert werden sollte, bleibt wohl das Geheimnis der Ottavio Barbieri... In der Gradinata Sud gab es gleich zwei Aktionen zu bewundern. Während bei den Ultras Tito im Oberrang mittels Papptafelen den Schriftzug "ULTRAS" auf blau-weiß-rot-schwarzem Untergrund präsentierten... in der Mitte gab es zudem eine Blockfahne mit dem Logo der UTC... wurde im Unterang... Heimat der Fedelissimi... eine riesige Blockfahne, auf der ein Reiter den Greifvogel niederstach. Zudem befand sich Genoas berühmter Leuchtturm auf der Blockfahne... ORGASMO! Während die Stimmung zu Beginn des Spiels auf beiden Seiten mehr als genial war, wurde es in der Gradinata Nord mit zunehmender Spieldauer immer leiser, was wohl nicht zuletzt am Geschehen auf dem Spielfeld lag... Spätestens nach dem zweiten Tor Sampdorias gab es seitens der Ultras Tito und Fedelissimi kein Halten mehr... Hammergeile Schalparaden und markdurchdringende Gesänge ließen unsere Herzen vor Freude springen... Zu Beginn der zweiten Halbzeit kamen auf beiden Seiten auch heute wieder massig pyrotechnische Artikel zum Einsatz... Ich war echt traurig, als der Schiedsrichter das Spiel nach zweiundneunzig Minuten beendete, so geil war es... Nachdem wir noch rund eine halbe Stunde der Siegesfeier der Doriani beigewohnt hatten, machten wir uns langsam auf den Weg ins Centrum, wo wir den Abend in einer Bar ausklingen ließen... Genächtigt wurde übrigens im Mietwagen direkt am Meer... Als wir uns gerade schlafen legen wollten, flog uns ein Stein auf die Windschutzscheibe, was ein paar Risse zur Folge hatte...
 
10. Spieltag Serie A Italien am 16.11.2002
Stadio Renato dall' Ara Bologna
Bologna FC vs. AC Perugia 2:1
 
Am nächsten Morgen stellte sich glücklicherweise heraus, dass alles gar nicht so schlimm war, wie anfangs angenommen... Nachdem wir Polenuli, der weiter nach Cagliari wollte, am Bahnhof abgeliefert hatten, ging es weiter in Richtung Emilia Romagna... Obwohl wir es ganz gemütlich angehen ließen, erreichten wir Bologna rund drei Stunden vor Spielbeginn. Genug Zeit, um noch ein wenig fürs leibliche Wohl zu sorgen... Rund zwanzigtausend Spettatori wollten sich das Spiel zwischen Bologna und Perugia nicht entgehen lassen. Zu Beginn des Spiels kamen sowohl in der Curva Andrea Costa, als auch im Settore Ospiti ein paar Bengalen, sowie die obligatorischen Doppelhalter und Schwenkfahnen zum Einsatz... Stimmungstechnisch konnten weder die Gastgeber, noch die rund dreihundert mitgereisten Gäste... Ingrifati, Armata Rossa, Brigade Ultra & Co... überzeugen. Ich weiß schon, warum ich Spiele im Stadio Renato dall' Ara so liebe... Tja, aber was nimmt man nicht alles auf sich, um seine Mitfahrer zufrieden zu stellen? Ach ja, das überaus schwache Spiel konnte Bologna letztendlich mit zwei zu eins für sich entscheiden... Nach dem Schlusspfiff kehrten wir dem Ort des Grauens... nun ja, so schlimm war's nun auch wieder nicht... alsbald  den Rücken, schließlich musste noch ein geeignetes Nachtdomizil gefunden werden. Letztendlich wurden wir etwa auf  halber Strecke zwischen Bologna und Bergamo fündig...
 
10. Spieltag Serie A Italien am 17.11.2002
Stadio Atleti azzuri d' Italia Bergamo
Atalanta Bergamo vs. Brescia Calcio 2:0
 
Am nächsten Morgen war die Vorfreude auf die beiden Spiele bereits riesengroß... Da wir Bergamo bereits am späten Vormittag erreichten, blieb noch genügend Zeit, um die historische Altstadt genauer unter die Lupe zu nehmen. Anschließend zog es uns noch in eine nette Pizzeria, ehe wir uns langsam aber sicher auf den Weg zum Stadio Atleti azzuri d' Italia machten... Leider befanden sich die rund zweitausend Bresciani bei unserer Ankunft bereits im hermetisch abgeriegelten Settore Ospiti... Nun gut. Schnell die bestellten Karten abgeholt und hinein ins Getümmel... Als beide Mannschaften das Spielfeld um kurz vor drei endlich betraten verschwand die Curva Pisani erst in einem Meer aus weißen Papptafeln. Wenig später wurden diese gewendet und es entstand ein schwarz-blaues Streifenmuster auf dem in weißen Lettern das Gründungsjahr von Atalanta Bergamo befand. Zudem wurde in der Mitte der Curva Pisani eine Blockfahne präsentiert, auf der sich die "Dea" befand. Über dieser prangte folgendes Spruchband "1907 L' ANNO DEL DEA"... "1907 DAS JAHR DER GÖTTIN"... Im Settore Ospiti kamen derweil Doppelhalter, blaue und weiße Luftballons, sowie etliche blaue Rauchfackeln und die eine oder andere Bengale zum Einsatz... Unmittelbar nachdem die Papptafeln in der Curva Pisani verschwunden waren, schwebte über dieser, an blauen und schwarzen Gasballons befestigt,  ein riesiges blaues Schwein mit dem Logo von Brescia Calcio und der Zahl "1911". Darunter stand "L' ANNO DEL MAIALE"... "DAS JAHR DES SCHWEINS"... Alles in allem ein absolut geniales Intro der Gastgeber! In Sachen Stimmung legten beide Seiten los wie die Feuerwehr, doch irgendwie verflachte diese mit zunehmender Spieldauer... Zu Beginn der zweiten Halbzeit hantierten beide Seiten übrigens noch ein wenig mit diversen pyrotechnischen Erzeugnissen... Nach dem Schlusspfiff ging es schnellen Schrittes zu unserem Mietwagen, schließlich wollten wir in Torino nichts verpassen...
 
10. Spieltag Serie A Italien am 17.11.2002
Stadio Delle Alpi Torino
Torino Calcio vs. Juventus FC 0:4
 
Da wir relativ zügig voran kamen... Forza Bleifuß ale... erreichten wir die Hauptstadt des Piemont rund eine Stunde vor Beginn des Spiels... Knapp über fünfzigtausend Spettatori fanden sich letztendlich im Stadio Delle Alpi ein, wobei sich beide Lager ungefähr die Waage hielten... Auch heute heizten sich die Kurven mittels Spruchbändern und Schmähgesängen gegenseitig auf... Zum Einlaufen der beiden Mannschaften wurde in der Mitte der Curva Nord... Heimat der Ultras Granata, Ragazzi della Maratona, Granata Korps & Co.... eine goldene Blockfahne, auf der sich in rot die Initialen "TC"... TORINO CALCIO... befanden, präsentiert. Links davon kamen rote Folien zum Einsatz, rechts silberne... In der Curva Sud kam ebenfalls eine Blockfahne, auf der sich das Wahrzeichen der Stadt, la Mole Antonelliana, und zwei Männer... ich denke es handelte sich um Vater und Sohn... mit einer Fahne der Black & White Fighters befanden. Umrandet wurde diese mit gelben Papptafel. Des weiteren gab es Wunderkerzen im Oberrang und ein Spruchband mit der Aufschrift "HASTA AL VITTORIA!" im Mittelrang... War die Stimmung in der ersten Halbzeit noch auf beiden Seiten mehr als genial, wurde es in der Curva Nord mit zunehmender Spieldauer immer leiser. Im Gegensatz zur Curva Sud, die die Demontage des Lokalrivalen natürlich lautstark feierte... Letztendlich waren die Gastgeber mit dem null zu vier noch mehr als gut bedient... Ach ja, zu Beginn der zweiten Halbzeit brannten beide Kurven ihr obligatorisches Feuerwerk ab, jedoch kam keine der beiden Seiten an die mehr als geniale Pyroshow der Curva Nord in der vergangenen Saison heran... Nicht unerwähnt bleiben soll die geklaute Fahne der Fighters, die während des Spiels von den Granata Korps nebst eines netten Spruchbandes präsentiert wurde, und die Tatsache, dass die Gastgeber von ihren Gemellati aus Firenze und Nice unterstützt wurden... Überaus zufrieden kehrten wir dem Stadio Delle Alpi wenige Minuten nach dem Schlusspfiff den Rücken. Die anschließende Heimfahrt verlief ohne besondere Vorkommnisse, und so erreichten wir in den frühen Morgenstunden  heimatliche  Gefilde. Was für eine geile Tour!
 
Fotos von dieser Tour kann ich Euch leider keine bieten, da Thorsten zu diesem Zeitpunkt mit der Videokamera Material für unsere erste (PF)LÄSTERSTEIN-DVD (ursprünglich als VHS-Kassette erschienen, wurde diese später noch auf DVDs gebrannt - bis dato ist eine weitere DVD erschienen, eine dritte und letzte Ausgabe ist aktuell noch geplant) gesammelt hat. Dafür gewähre ich Euch einen Blick in den (PF)LÄSTERSTEIN Nr. 17...
 
 

Freitag, 24. November 2017

Rezension: Ben Redelings WM-Album


Heute trudelte endlich mal wieder "Positives" aus Bochum ein...
Ben Redelings, Fußball-Komiker und bekennender VfL-Fan, hat sein WM-Album im Vorfeld der Weltmeisterschaft im kommenden Jahr rundumerneuert... Gespickt ist das 160 Seiten starke Buch mit unvergesslichen Sprüchen, Fotos und Anekdoten vom allerersten WM-Spiel am 13. Juli 1930 in Montevideo - wusstet ihr, dass es an jenem Tag schneite - bis zum Finale der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien. Apropos Brasilien - hierzu findet der geneigte Leser folgendes Zitat von Christoph Metzelder "Dieser Abend ist so surreal! Da sitze ich neben einem Schotten, der zum ersten Mal in seinem Leben ein Spiel schaut und völlig ahnungslos - als einziger Mensch auf dem Planeten - 7:1 für Deutschland tippt. Und der erklärt mir jetzt, wie der Fußball funktioniert..."
Wie immer beste und vor allem kurzweilige Unterhaltung... Echt genial ist das Layout, mit mehr als fünfhundert atemberaubend lustigen Fotos von zwanzig Weltmeisterschaften. Mich würde interessieren, wie lange es gedauert hat, bis Ben die optischen Schmankerl alle zusammen hatte...
Eine rundum gelungene Einstimmung auf die Weltmeisterschaft 2018 in Russland, die ich jedem humorvollen Fußballverrückten wärmstens empfehlen kann!
Ben Redelings WM-Album
Herausgeber: Verlag die Werkstatt
Seiten: 160 - farbig
Preis: 12,00
ISBN: 978-3-7307-0346-5

Montag, 20. November 2017

Norditalien im Frühjahr 1997...

Just in diesen Tagen wünsche ich mich gerne in die Vergangenheit zurück... keine Ausgliederung, kein trister Abstiegskampf in Liga zwei...
Aus einer Zeit, in der sich unser geliebter VfL Bochum 1848 e.V. aufmachte, um das erste Ticket nach Europa zu lösen, zog es etliche Ultras der "ersten Generation" des Öfteren über den Brenner, um das bunte Treiben der italienischen Ultras aufzusaugen.
Ich gebe hier mal den in Ausgabe acht des (PF)LÄSTERSTEIN-Vorgängers RED NEWS erschienenen Tourbericht unverändert zum Besten:
 
24. Spieltag Serie B Italien am 08.03.1997
Stadio Euganeo Padova
AC Padova vs. US Cremonese 2:2
 
Da sich Herr Knispel für diese Woche bei mir angekündigt hatte, einigte man sich relativ schnell darauf, mal wieder nach Italien zu fahren, das "Calcio" Fieber hatte erneut zugeschlagen. So beschlossen wir die Spiele Padova - Cremonese, Bergamo - Sampdoria, sowie Inter - Juve mit unserer Anwesenheit zu beglücken.
Nachdem ich den Bochumer vom Münchner Hauptbahnhof abgeholt hatte, schafften wir uns, in Form eines ausgiebigen Frühstücks, erst einmal eine gute Grundlage für die bevorstehende Tour, ehe wir uns über den Brenner auf den Weg nach bella Italia machten... Um kurz nach halb vier hatten wir die Stadtgrenzen Padovas erreicht, und nach einer ersten Besichtigung des Stadions, in dem gerade noch der Raden gemäht wurde, machten wir uns auf den Weg in die Innenstadt, um ein Quartier für die Nacht klarzumachen. Nach einer fast zweistündigen Odyssee brach man, kurz vor einem Nervenzusammenbruch stehend, dieses Unterfangen erfolglos ab. Aber wenigstens hatte man so ein wenig von der schönen Altstadt gesehen. Zurück am Stadion holten wir erst einmal unsere bestellten Karten ab, und nach einer kleinen Stadionrunde betraten wir das Stadio Euganeo, das aus zwei doppelstöckigen Tribünen auf beiden Geraden, wovon eine überdacht ist, und einer einstöckigen Tribüne hinter dem einen Tor, die für die Gästefans reserviert ist, besteht. Herrschte anfangs noch gähnende Leere im 25.000 Zuschauer fassenden Ground, so dürften es beim Einlaufen der beiden Mannschaften doch knapp 11.000 Tifosi, darunter gerade mal eine Busbesatzung aus Cremona, die erst Minuten vor dem Spiel eintraf, gewesen sein. Beide Seiten hantierten mit ein paar Bengalen und großen Schwenkfahnen, was zwar ein gutes Bild abgab, eine aber nicht vom Hocker... äh... Sitzplatz riss. In einem überaus schwachen Spiel gingen die Gastgeber zweimal in Führung, doch die überschwängliche Freude auf den Rängen war jeweils nicht von langer Dauer, und so dürften sich am Ende nur die Gäste über den Punkt gegen den drohenden Abstieg freuen, was deren Ultras auch mit reichlich Pyromaterial zu feiern wussten. Wir hingegen machten uns auf die Suche nach einer Pizzeria, meldeten sich unsere Mägen mittlerweile recht deutlich zu Wort. Fündig wurden wir unweit des Stadions, wo mir die größte Pizza meines Lebens serviert wurde. Leute, das Teil hing auf jeder Seite des Tellers bestimmt zehn Zentimeter herunter! Anschließend machten wir uns auf den Weg in Richtung Bergamo, wo wir kurz vor Verona auf einem Rastplatz beschlossen, das Hotel Opelino zu beziehen...

23. Spieltag Serie A Italien am 09.03.1997
Stadio Comunale Bergamo
Atalanta Bergamo vs. Sampdoria Genova 4:0
 
Die Nacht überstand man halbwegs gut, und nach kurzer Körperpflege ging es weiter nach Bergamo, wo wir bereits um kurz nach zehn Uhr unser Auto vor dem Stadio Comunale parkten, Hier waren gerade einige Ultras damit beschäftigt ihre Fahnen in schwindelerregender Höhe aufzuhängen, und dass über vier Stunden vor dem Anstoß. Uns zog es dann in die Innenstadt, neigte sich unser Lirevorrat doch beachtlich dem Ende zu. Aber anscheinend ist es in der Weltstadt Bergamo nicht möglich, am Sonntag auch nur eine Wechselmöglichkeit auszumachen. Wenigstens führte uns die Suche auch in die wunderschöne Altstadt, die etwas oberhalb auf einem Hügel liegt. Sollten euch eure Wege auch mal nach Bergamo führen, kann ich euch einen Abstecher dorthin nur empfehlen... Wir aber machten uns leicht gefrustet auf den Rückweg zum Stadion, wo wir uns Karten für die Curva Sud besorgten. Bereits eineinhalb Stunden vor dem Kick Off betraten wir das Stadio Comunale, das aus zwei überdachten Tribünen, sowie zwei unüberdachten Kurven besteht, schließlich wollten wir noch einen guten Fotoplatz, in Hoffnung auf eine gute Show der beiden Ultragruppen, ergattern. Dies sollte sich auch lohnen, veranstalteten die Atalanta Ultras doch eine echt gelungene Pyroshow, indem sie mit verschiedenfarbigen Nebeltöpfen hantierten, was die halbe Kurve in ein Farbenmeer verwandelte. Die gut 1.500 Doria Tifosi waren lediglich am Schwenken ihrer zahlreichen Fahnen, erstaunlicherweise brannte nicht einmal eine einzige Bengale. Der Support auf beiden Seiten war heute aller erste Sahne, wobei man von den Ultras Tito Cucchiaroni einfach den Hut ziehen muss, sangen und hüpften sich doch trotz des klaren Rückstandes das ganze Spiel über nonstop. Für deutsche Verhältnisse einfach unfassbar! Zu Beginn der zweiten Halbzeit verschwand die Curva Nord unter einer riesigen schwarz-blau-gestreiften Fahne, was meinen Fotoapparat erneut zu Höchstleistungen zwang. Mit dem Schlusspfiff verließen wir den Ground, was aber schon zu spät war, wie sich nun herausstellte. Für die fünf Kilometer bis zur Autobahn benötigten wir eine geschlagene Stunde, was uns jetzt natürlich unter Zeitdruck setzte, schließlich mussten wir noch Geld wechseln, sowie Karten fürs Abendspiel Inter vs. Juve besorgen. Das Geldproblem konnte dank EC-Karte ad acta gelegt werden, aber das zweite Problem sollte sich als sehr schwerwiegend herausstellen, gab es offiziell nur noch Karten für 160.000 Lire aufwärts, und auch auf dem Schwarzmarkt sah die Lage nicht besser aus. Nach langem Überlegen entschlossen wir uns aufgrund der finanziell angespannten Situation das Spiel zu streichen, und uns auf den Weg 'gen Heimat zu machen, was besonders meinem Begleiter schwer fiel, war er doch noch nie in diesem Fußballtempel. Die Rückfahrt ging dann an die Grenze meiner Belastbarkeit, und so musste ich ab Bozen alle hundert Kilometer eine zwanzigminütige Pause einlegen, fielen mir doch permanent die Augen zu. Um kurz nach fünf nahm unsere Tour dann endlich ihr Ende, und so hatte ich doch tatsächlich noch zwei Stunden Schlaf, ehe es in die Arbeit ging...
 
Wenn ich das heute so lese, muss ich doch arg schmunzeln - nicht nur ob des teils recht skurrilen Satzbaus und der Tatsache, dass wir tatsächlich wegen 75.000 Lire (in etwa 38 Euro) auf das Derby d'Italia verzichtet hatten (später sollte ich noch das ein oder andere Mal in den Genuss dieser Begegnung kommen), sondern vielmehr über die seinerzeit noch vorherrschende Unkenntnis (na ja, ein klein wenig Ahnung hatten wir dank des Supertifo und vorheriger Besuche ja schon, aber wenn ich das mit heute vergleiche) hinsichtlich der italienischen Ultraszene.
Ach ja, am darauffolgenden Dienstag siegte unser VfL übrigens - unterstützt von knapp dreihundert Gästen - beim Karlsruher SC, am Mittwoch weilten wir mit einem Mitglied der Dachau City (diese hatten uns bereits am Vortag mit zwei Leuten in Karlsruhe unterstützt) beim Spiel des SV Casino Salzburg gegen den FC Linz im alt-ehrwürdigen Stadion Lehen. Beide Seiten legten einen (für die damalige Zeit) astreinen Auftritt aufs Parkett. Nach dem Spiel verteilten die Linzer an den Salzburger Nachwuchs noch ein paar gscheide Watschn...

Hier noch ein paar Fotos zu den beiden Spielen aus Italien, die übrigens auch in meinem Buch "Momentaufnahmen" zu finden sind:
 
 

Samstag, 11. November 2017

Video-Impressionen aus Casablanca

Anbei noch zwei Videos von Thorsten aus Casablanca. Das erste zeigt die Curva Nord von Wydad im CAF Champions League Finale gegen Al Ahly, das zweite die Curva Sud von Raja im Spiel gegen Khenifra. Viel Spaß...


04.11.2017 - CAF Champions League Finale Wydad Casablanca vs. Al Ahly Kairo 1:0

Mit Thorsten hat der erste Mitstreiter von früher wieder Blut geleckt. Dem heutigen Bericht vom CAF Champions League Finale zwischen Wydad Casblanca und Al Ahly Kario werden - so zumindest Thorstens Aussage - weitere vom Casablanca Derby anno 2015, dem griechischen Pokalfinale 2017 und dem Teheran Derby 2016 folgen definitiv... und vielleicht entwickelt sich da ja doch wieder mehr! So, nun aber viel Spaß beim Lesen...
   
Ultras Winners 05 Casablanca, bereits zweimal hatte mich diese Kurve bei den Derbys gegen Raja Casablanca in Ihren Bann gezogen. Eine geschlossene, fanatische Kurve mit fantastischem Tifo, der mir bis heute beim Gedanken an das Erlebte ein breites Lächeln ins Gesicht zaubert.
Leider liegen zwischen diesen Erinnerungen mit dem fantastischen Derby im Dezember 2015 und heute ca. zwei Jahre. Eine Zeit in der sich in den Kurven einiges zum negativen verändert hat. Mit Schuld an dieser Entwicklung waren die schweren Ausschreitungen beim Spiel Raja Casablanca gg. Chabab Rif al Hoceima im Frühjahr 2016. Chabab Rif al Hoceima dachte ich noch damals verwundert als erste Infos über Tote und Verletzte die Runde machten. Schnell wurde jedoch klar, dass es sich bei den verheerenden Kämpfen nicht um einen Kampf gegen die Gäste handelte, sondern dass sich bei diesem Spiel die eigene Kurve derbe Schlägereien lieferte. Alte Machtkämpfe zwischen den führenden Ultragruppen der Green Boys und der Ultra Eagles führten an diesem Abend zu schwersten Kämpfen und endeten in der Apokalypse, dem Tod zweier Ultras. Darüber hinaus forderte eine aus den Kämpfen entstehende Panik dutzende weitere teils schwer Verletzte.
Damals weilte ich im Hafen von Split anlässlich der Partie Hajduk vs. Dinamo. Die Infos aus Marokko verhießen für die dortige Ultrakultur nichts Gutes, und auch ich zweifelte zu diesem Zeitpunkt stark am Sinn meiner fürs darauf folgende Wochenende geplanten Marokko Tour.
Leider erwiesen sich meine Befürchtungen als zutreffend. Ultras wurden in den folgenden Wochen und Monaten zum Feindbild Nummer 1 erkoren. Die einst so farbenfrohen Kurven Marokkos waren nicht wieder zu erkennen, weshalb sich ein Großteil der Szene in der Folge zu einem unbefristeten Streik entschied. Verbote gab es quasi für alles was mit Ultras zu tun hat. Dies betraf das Tragen von Gruppenkleidung, die Trommeln und Megaphone der Vorsänger und Einpeitscher, Fahnen und Schwenker und natürlich auch das Durchführen von Choreographien, sowie teils die Fahrten zu Auswärtsspielen.
Kurzum mir blutete das Herz. Bei den letzten zwei Derbys hatte ich mich nicht nur in Land und Leute sondern vor allem in die fantastischen Kurven des Landes verliebt. Die Flüge zu den Derbys in den Folgejahren waren quasi im Geiste schon gebucht und dann diese grausame Entwicklung. Ich fühlte mich an Italien erinnert, wo die Repression in den vergangen Jahren viel des einst so bunten Kurvenlebens zerstört hat.
Nun aber zurück in die Gegenwart. Mit anderthalb Augen verfolgte ich natürlich weiterhin die Szene in Marokko und hoffte inständig auf einen Wandel zurück zum Guten. Die letzten Wochen fiel mir beim betrachten der Videos und Photos auf, dass einige Kurven – unter anderem auch die von Wydad und Raja - wieder gut gefüllt sind, und darüber hinaus die eine oder andere Gruppenfahne gezeigt wurde. Viel entscheidender für mich war aber, dass in den Videos endlich wieder die fanomenalen Gesänge zu hören waren.
Kurz und gut, die alte Liebe war wieder entfacht, und die Tatsache, dass Wydad Casablanca seinen ersten Champions League Titel seit fünfundzwanzig Jahren erringen konnte, waren Grund genug einen Flug bei Ryanair für 144 Euro nach Tanger zu buchen.
So startete ich freitags die Reise in Richtung Frankfurt-Hahn. Das Auto am gewohnten Fortuna Hotel für 12 Euro geparkt, und schon stand dem Check In nichts mehr im Wege. In der Abflughalle erspähte ich zu meiner Freude ein paar Jungs in den blutroten Trikots von Wydad beziehungsweise in Klamotten der Winners 05. Als ich die Jungs anquatschte, waren sie doch recht überrascht, dass der Grund meiner Reise das CAF Finale sei. Wenig später führten wir ein angeregtes Gespräch, und als ich ihnen dann noch ein selbstgedrehtes Kurvenvideo der Winners auf meinem Handy zeigte, war die Begeisterung groß! Optimal, hatte ich somit nun auch die Möglichkeit geschmeidig von Tanger nach Casablanca zu kommen, hatten die Jungs doch bereits im Vorfeld eine Mitfahrgelegenheit klargemacht.
Unser Fahrer wartete auch schon am Airport, so dass nach kurzweiligem Flug einer raschen Weiterreise nichts im Wege stand. Spätestens beim Essen mit den Jungs im nahen Asilah war mir klar, dass ich Alles richtig gemacht hatte. Zu gut schmecken mir Tajine und vor allem der stark gezuckerte Minztee. Marokko hatte mich wieder in seinen Bann gezogen. Bei für Marokko gar nicht typischem Starkregen ging es zurück auf die Autobahn um die dreihundert Kilometer bis Casablanca zurück zu legen. Ein Dank an die Jungs, die mir bei später auch bei der Hotelsuche sehr hilfreich waren. Bude Nummer drei, nicht ganz billig, aber mit 35 Euro doch noch bezahlbar, erhielt für die nächsten drei Nächte den Zuschlag. Auch für die stark gefragten Eintrittskarten hatten die Jungs eine Lösung, und so traf ich mich noch am späten Abend mit einem Freund Amins zur Ticketübergabe. Zum Preis von 250 Dirham (circa 23 Euro) war mir eine der größten Sorgen genommen, denn schon im Vorfeld meiner Reise erhielt ich durch einen Kontakt in Casablanca Bilder und Videos vom absolut chaotischen Ticketverkauf, bei dem es teils gut gescheppert hatte. Diese Bilder im Kopf, konnte ich mit der Gewissheit, mit einer Eintrittskarte versorgt zu sein, deutlich beruhigter einschlafen. Der Originalpreis meiner Karte waren übrigens drei Dirham, also rund zwei Euro siebzig.
Die letzten Regenwolken waren in der Nacht abgezogen, und so trieb mich neben der Vorfreude auf das Spiel auch der blaue Himmel aus meinem äußerst bequemen Hotelbett. Für den Tag hatte ich mir den Revisit der touristischen Highlights Casablancas vorgenommen. Die Stadt ist zwar nicht vergleichbar mit den touristischen Highlights Fez, Marrakesch oder Chefchaouen, besitzt aber mit der zweitgrößten Moschee der Welt, die durch ihre Größe und das helle Antlitz besticht, ein auch beim zweiten Besuch absolut faszinierendes Highlight. Generell muss ich sagen, dass mir die Stadt bei meinem dritten Besuch deutlich besser gefallen hat als bei den vorangegangen Besuchen. So gibt es durchaus schöne Ecken zu entdecken, und trotz mehrerer Millionen Einwohner, stellte sich bei mir ein sehr entspanntes Gefühl ein. Nachdem ich noch ausgiebig in der Sonne relaxed und mir meinen Magen ordentlich vollgeschlagen hatte, entschied ich mich, den Weg zum Stadion zu Fuß anzutreten. Die Erfahrung zweier Derbys im Gepäck, sowie die Videos der Eskalation beim Ticketverkauf im Kopf, entschied ich mich, bereits sechs Stunden vor Spielbeginn am Stadion zu sein, was mir dank eines zügigen Fußmarsches auch gelang.
Im Vorfeld hatte ich eine Fotoakkreditierung an den Verband geschickt, wollte ich doch, wie bei den Derbys das Geschehen in den Kurven von der Tartanbahn aus dokumentieren. Nachdem der afrikanische Fußballverband meine Anfrage mit Missachtung gestraft hatte, hieß es nun vor Ort zu schauen was machbar ist. Nachdem ich mich mittels Presseausweis durch die drei Kontrollen bis zur Pressezone vor der Haupttribüne durchgekämpft hatte, verwies mich die überaus attraktive Dame, die ich nach den Akkreditierungen fragte, auf die gegenüberliegende Stadionseite. Dort angekommen war es auch nicht ganz so einfach, das extra für dieses Spiel eingerichtete Büro des marokkanischen Verbands zu finden. Alles Andere war dann überraschenderweise ein Kinderspiel. Presseausweis gezeigt und drei bis vier Fragen zu meiner Identität beantwortet, wurde noch schnell ein Foto von mir gemacht, ehe ich kurze Zeit später eine Akkreditierung, mit Berechtigung den Innenraum zu betreten, umhängen hatte. Nun stellte sich bei mir ein Gefühl großer Zufriedenheit und Erleichterung ein, schließlich hatte ich eine schweineteuere Kamera im Gepäck, die ich nur ungern mitten unter den tobenden Massen dabei gehabt hätte. Nun hieß es nur noch die bereits gekaufte Karte wieder loswerden, was natürlich kein großes Problem darstellen sollte.
Exakt drei Stunden vor Spielbeginn betrat ich den Innenraum des Stade Mohamed 5, welches bereits zu diesem Zeitpunkt nahezu vollständig gefüllt war. Leider fasst das Stadion nach diversen Umbaumaßnahmen nur noch 45.000 Plätze. Am heutigen Abend dürften es meiner Meinung nach jedoch mindestens 55.000 ins Innere geschafft haben. Bei meinem letzten Derby waren es noch rund 70.000, und wenn man Wikipedia glauben darf, wurde 1997 beim Derby die Rekordzahl von 100.000 Zuschauern erreicht. Schade, dass solche Zahlen heute nicht mehr möglich sind. Die folgenden eineinhalb Stunden ereignete sich nicht all zu viel auf den Rängen, was bei mir zu ersten Zweifeln führte, ob das heute überhaupt die erhoffte Bombe wird. Lediglich in der zweiten Kurve, der Curva Sud Magana, eigentlich Heimat der Ultras von Raja gab es Action zwischen Anhängern Wydads und der Polizei, da erstgenannte versuchten, durch die Bullenkette auf die Tribüne der Gegengerade zu gelangen, damit weitere Zuschauer in die Kurve nachrücken konnten. Nach einigen Minuten konnten die Fans Vollzug vermelden. Für marokkanische Verhältnisse ging dies jedoch recht gesittet von Statten.
Mein Ziel war nun die Curva Nord, Heimat der von mir so geschätzten Winners. Im Gegensatz zu den Derbys, bei denen es schon Stunden vor dem Spiel lautstarke Gesängen gab, war diesbezüglich an jenem Abend nichts zu vermelden – kurzum eine einzige Enttäuschung! Meine Zweifel, ob ich hier heute überhaupt richtig war, zerstreuten sich sechzig Minuten vor Spielbeginn, legte die Curva Nord just zu diesem Zeitpunkt – den man anscheinend bewusst gewählt hatte – mit lauten, geschlossenen und vor allem melodischen Gesängen los. Augenblicklich war das alte Feeling wieder da, und mich überkam ein wunderbares Gefühl der Glückseligkeit. Die restliche Zeit bis zum Anpfiff vergingen nun natürlich wie im Fluge, und auch meine Kamera bekam ordentlich zu tun.
Zum Anpfiff tauchten dann auch mehrere Banner in der Curva Nord auf, darunter der etwas kürzere „WINS“ Banner, der in der letzten Zeit Verwendung findet. Es war also angerichtet und meine Stimmung auf dem Höhepunkt. Mit einer Choreo rechnete ich aufgrund der andauernden Verbote nicht und war daher auch nicht enttäuscht als zum Anpfiff lediglich ein paar Blinker und Bengalos den Himmel erleuchteten. Aus Kairo waren circa 500 Leute mitgereist, darunter zum meiner großen Freude auch einige Ultras Ahlawy samt Gruppenfahnen und kleiner Choreo. Ebenso am Zaun präsent ein Banner mit der Zahl „72“, das an das Massaker in Port Said mit 72 Toten Al Ahly Anhänger erinnert. Neben ein paar Blinkern und Bengalen präsentierte sich das Stadion im Licht der Handys und alle Fans hielten ihre Fahnen in die Höhe was insgesamt eins sehr schönes Bild abgab. Nicht auszudenken hätte diese Spiel vor 2 Jahren stattgefunden - die Winners hätten sicherlich mit mehreren fantastischen Choreographien geglänzt!
Zurück aber zu dem was heute geboten wurde und das war im Rahmen der momentanen Möglichkeiten absolut beeindruckend. Von Anfang an stand das gesamte Stadion wie eine Wand hinter der eigenen Mannscahft. Das komplette Spiel über ohrenbetäubender Lärm sobald Al Ahly auch nur in Ballbesitz war. Einen brutaleren Lärm habe ich bis dato in keinem Stadion vernommen. Letztendlich muss man wirklich sagen, dass die Ultras und Fans mit Sicherheit einen riesigen Anteil am Erfolg hatten. In der Curva Nord war die Stimmung von der ersten bis zur letzten Minute sehr gut, wobei vor allem die überragenden Trommler hervorzuheben sind. Auf dem Rasen war Al Ahly spielbestimmend, und man merkte sowohl bei den Spielern als auch bei den Fans von Wydad die große Anspannung. Etwas glücklich konnten die Gastgeber das null-zu-null in die Halbzeit retten. Aufgrund des eins-zu-eins im Hinspiel hätte dieses Ergebnis ja gereicht, stellte aber auch einen ständigen Ritt auf der Rasierklinge dar. Halbzeit zwei wurde dann zu meiner großen Freude mit einer nicht unbedingt erwarteten, und daher umso schöneren Pyroshow bestehend aus gelbem Rauch, Blinkern und Bengalos, sowie dutzenden Böllern eingeleitet. Anschließend wurde weiter lauthals gesungen, kollektiv gehüpft und geklatscht, allerdings konnte das Ganze nicht ganz das Niveau der ersten Halbzeit beziehungsweise der sechzig Minuten vor dem Spiel erreichen. Das ist aber auch mehr als verständlich, schließlich stieg die Anspannung ob des größten Triumph der Vereinsgeschichte von Minute zu Minute. In der 69. Minute entlud sich die gesamte Anspannung schlagartig. Wydad hatte den Führungstreffer erzielt, und das Stadion war unter tosendem Jubel explodiert. Wahnsinn! In den verbleibenden zwanzig Minuten versuchte Al Ahly alles, um noch den Ausgleich zu erzielen, doch sowohl die Spieler als auch der Anhang Wydad Casablancas standen dem gemeinsam wie eine Wand gegenüber. Mit dem Schlusspfiff brachen alle Dämme. Ich versuchte in der Folgezeit möglichst viele der wunderschönen Emotionen aufzusaugen und weilte noch eine weitere Stunde im Stadion ehe sich die Feierlichkeiten auf die Straßen Casablancas verlagerten. Ziel für mich war der Stand Casablancas Ain Diab, der mir als Hotspot der Feierlichkeiten genannt wurde. Hier verbrachte ich wunderschöne Stunden im Kreise enthusiastischer, freudetrunkener Marokkaner welche den Titelgewinn Wydads unter reichlich Einsatz von Pyrtotechnik bis in die Morgenstunden frenetisch feierten. Ich war irgendwann total gar und entschied mich nach neunzehn Stunden auf den Beinen für den Fußweg zurück ins Hotel wo ich mich alsbald ins Reich der Träume verabschiedete.
Am nächsten Morgen schien wiederum die Sonne über Casablanca, wohl zu Ehren Wydads. Der blaue Himmel zog mich in ein Cafe wo ich es mir bei frischgepresstem Orangensaft und Minztee gutgehen ließ, nebenbei beobachtete ich das rege Treiben der örtlichen Straßenverkäufer. Diese versuchen so ziemlich alles zu verkaufen - vom Tempo über Selfiesticks bis hin zu Sonnenbrillen. Dass sie auch immer wieder die Gäste im Cafe ansprachen, schien den Kellnern nicht sonderlich zu gefallen, anders kann ich mir die Wutausbrüche nicht erklären. Den restlichen Tag nutzte ich um in der Sonne zu liegen und zu chillen, hatte der Vortag doch ordentlich Energie gekostet. Am frühen Abend machte ich mich erneut auf den Weg in den Stadtteil El Maarif, schließlich wollte ich noch das Spiel von Raja Casablanca in der heimischen Botalo Pro gegen Khenifra mitnehmen. Da die Curva Sud ist der Streik ebenfalls beendet hat, was auch dank der Videos von den letzten Spiele bestätigt wurde, hegte ich die berechtigte Hoffnung, auch heute eine Topstimmung zu erleben.
Mit rund 25.000 Zuschauern war das Stadion zu Spielbeginn dann auch gut gefüllt. Die Fahnen der drei Ultragruppen Green Boys, Ultra Eagels und Derb Sultan wurden kurz vor Spielbeginn aufgehängt, ehe die Kurve mit sehr guten Support ins Spiel startete. Leider war die Leistung der Spieler der Stimmung nicht würdig, und so verflachte diese im Verlauf der ersten Halbzeit zusehends. Mit Beginn der zweiten Halbzeit gab der Anhang aber nochmals Vollgas und nach dem Führungstreffer erreichte die Stimmung nochmals den Siedepunkt. Die Mannschaft schaffte es aber mit einer unterirdischen Leistung die Stimmung zu zerstören. Aufgrund haarsträubenden Fehlern wurde das Spiel in den Schlussminuten noch verloren, was die Spieler und Betreuern der Gäste ausgiebig feierten. Fans aus Khenifra waren leider keine anwesend. Auf Heimseite war die Stimmung nun natürlich am Boden und mit dem Schlusspfiff ließen einige ihrem Frust freien Lauf. Es hagelte Plastikflaschen gen Spielfeld und auf der Haupttribüne gab es nebst derben Beleidigungen das ein oder andere Handgemenge. Ich kehrte dem Ort des Geschehens alsbald mittels Taxi den Rücken. Schnell noch was gegessen, und ab ging es ins Bett.
Am Montag wurde abermals gut gefrühstückt, ehe es zusammen mit einem der auf dem Hinflug kennengelernten Jungs von Wydad und demselben Fahrer wieder retour gen Tanger ging. Mit einer Stunde Verspätung brachte uns der Ryanair Bomber erfolgreich zurück nach Hahn. Zweihundertachtzig weitere Kilometer auf Deutschlands Autobahnen später erreichte ich um kurz nach eins am Dienstag wieder heimische Gefilde, wo ein alles in Allem genialer Trip endete. Dank geht an meine Brüder von Wydad!
Es bleibt zu Hoffen, dass sich unsere marokkanischen Ultrabrüder von der Repression niemals in die Knie zwingen lassen - viel mehr noch, dass die Obrigkeit erkennt, dass Marokkos Fußballstadien ohne Ultras tot sind, und die Szene irgendwann an die Zeiten vor 2016 anknüpfen kann. Im Moment befindet man sich auf einem guten Weg, aber dieser wird wohl auch weiterhin steinig bleiben.

DIMA ULTRAS
DIMA WYDAD

11. November 2007 - Gabriele Sandri stirbt durch die Kugel des Polizisten Luigi Spaccarotella

Heute vor zehn Jahren wurde Gabriele Sandri an der Autobahnraststätte Badia al Pino bei Arezzo von der Kugel des Polizisten Luigi Spaccarottella (abgefeuert von der anderen Seite der Autobahn - der Lazio Fan saß zu diesem Zeitpunkt mit seinem Bruder und Freunden im Auto - zuvor war es zu einem verbalen Schlagabtausch mit Fans der Alten Dame gekommen) tödlich getroffen...

Am 14. Februar 2012 wurde letztinstanzlich das Urteil gegen den Todesschützen bestätigt: 9 Jahre und 4 Monate Haft wegen Totschlags. Zuvor hatten der Beschuldigte und seine Verteidiger auf fahrlässige Tötung plädiert (im Prozess wechselten die Aussagen Spaccarottellas von "in die Luft abgegeben" bis zu "versehentlich ausgelösten" Schüssen). Erst eine Vielzahl von Zeugenaussagen und die unermüdliche Arbeit der Anwälte der Familie Sandri überführten ihn des Totschlags und die Rekonstruktion des Tatgeschehens ließ ebenfalls keinen Zweifel daran, dass es sich keinesfalls um einen Unfall gehandelt haben kann, wie es in erster Instanz noch entschieden wurde.

Einen Sieger gab es in diesem Prozess jedoch nicht. Spaccarotellas Kinder werden ihren Vater etliche Jahre nicht oder nur selten zu Gesicht bekommen. Giorgio Sandri wird seinen Sohn Gabriele niemals mehr in den Arm schließen können...

Nachdem lange Zeit keine Gedenktafel an der Raststätte Badia al Pino angebracht wurde (die Institutionen stritten, ob eines Fans überhaupt in dieser Form gedacht werden dürfe), machte die Schickeria München auf der Heimfahrt vom Europacupspiel bei der Roma Nägel mit Köpfen und brachte eine Gedenktafel an...

„Gabriele eine Gedenktafel zu verweigern ist etwas absolut unmenschliches, eine Schande. Sein Tod war kein zufälliger Tod. Gabriele wurde zum Opfer einer maßlosen Gewalt. Wir wollten dies nicht akzeptieren. Mit unserer Initiative wollten wir unseren kleinen Beitrag dafür leisten, dass Gabriele eine Gedenktafel und eine Erinnerung erhält, die der Tragweite seines Falls entspricht. Und vielleicht ein wenig mehr Aufmerksamkeit für seine Geschichte voll unakzeptabler Schande und Gewalt. Deshalb haben wir uns entschieden, eine kleine metallene Gedenktafel gravieren zu lassen.“

Erst einige Jahre später konnte sich die Obrigkeit doch noch dazu durchringen, einen offiziellen "Gedenkstein" zu genehmigen!

GABRIELE VIVE

Den Tod Gabriele Sandris nahm die Obrigkeit zum Anlass, die Repressionsschraube weiter anzuziehen. So wurden nicht nur Pyrotechnik, sondern auch Trommeln und Megaphone verboten, zudem durften nur noch autorisierte Spruchbänder in die Stadien. Die größte Hürde stellte jedoch die Einführung der "Tessera del Tifoso" dar, ohne die weder Auswärts- noch Dauerkarten erworben werden konnten.
Glücklicherweise scheint die "Tessera del Tifoso" in absehbarer Zukunft der Geschichte anzugehören, schon jetzt dürfen vielerorts Gäste auch ohne die verhasste Karte Tickets für den Settore Ospiti kaufen.  Leider kommt für etliche ruhmreiche Ultragruppen die Wende zu spät...

Freitag, 10. November 2017

Rezension: UNTERWEGS 16

Eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, am Donnerstagabend endlich mal wieder am Projekt der Fantastic Supporters weiterzuarbeiten... aber erstens kommt es anders und zweitens als man(n) denkt - lagen doch heute mit der Plattenpost, dem Jottwede und dem Unterwegs drei "Hochkaräter" im Briefkasten (zudem hatte ich das Ya Basta! aus Nürnberg, das am Mittwoch bei mir eintrudelte, auch noch nicht annähernd durchgelesen)...
Letztendlich blieb es nicht beim kurzen  Durchblättern des Unterwegs, zu neugierig war ich auf den zweiten Teil des Italien Lexikons, der mit der Region Puglia einen Leckerbissen versprach...
Jetzt, etliche Stunden nachdem ich das Heft das erste Mal durchgeblättert habe - viel Schlaf werde ich auch in dieser Nacht nicht bekommen (und Schuld ist wieder ein Heft aus dem Dunstkreis der Hütteldorfer Fanszene) - habe ich die sechsundneunzig Seiten (Herr Gruber oder Herr Wolf, das mit dem Zählen der Heftseiten üben wir bitte nochmal) der sechzehnten Ausgabe komplett durch!
Zum Einstieg beschäftigt sich Josef mit dem Film "Großer Bruder - ein Film über 15 Jahre Freundschaft", zu dem er selbst auch einige alte Videos und Bilder beigesteuert hat, ehe es über ein paar Spielberichte (u.a. Atalanta vs. Dortmund in Altach, bei dem unglaubliche 1.200 Bergamaschi anwesend waren - abgerundet wird der Bericht noch mit einem Interview mit einem Schweizer Anhänger der Schwarz-Blauen, der übrigens zu Josefs Übersetzerteam gehört - Sparta vs. Roter Stern, Magdeburg vs. Augsburg und Hansa vs. Hertha) zum Highlight (zumindest aus meiner Sicht) des Heftes, der "Edizione Due" des Italien Lexikons geht. Ein paar einleitenden Worten folgt die Vorstellung der nicht gerade mit Reichtum gesegneten Region Puglia, ehe es mit vier historischen, inzwischen leider aufgelösten Gruppen (dem Regime Rossonero aus Foggia, den Ultras Curva Nord aus Bari, dem Commando Ultra Curva Nord aus Lecce und den Angeli della Sud aus Taranto - von Letzteren hatte ich bis auf den Namen bis dato, so ehrlich muss ich sein, nichts gewusst) ans Eingemachte geht. Es folgt die Vorstellung von nicht weniger als 34 Vereinen samt deren Anhang (neben all den akribisch zusammengetragenen Informationen über die aktuell aktiven Gruppen, gute Kontakte, Freundschaften, Rivalitäten und politische Tendenz der Kurve gefällt mir - wieso auch immer - die jeweils abgebildete Sehenswürdigkeit der, den Verein beheimateten Stadt unheimlich gut), bevor der absoluten Höhepunkt, die Interviews mit den Ultras Tricase (unter dieser Fahne vereinen sich übrigens die Rum Boys und die Tricase Fans) und den Bad Boys Monopoli (für mich persönlich eine der ganz großen Gruppen auf dem Stiefel - um so mehr hoffe ich, dass das Buch zum dreißigjährigen Bestehen der Gruppe, von dem es bis dato lediglich einen einzigen Probedruck gibt, doch noch in Druck geht) auf den geneigten Leser wartet. Zu guter Letzt steht Salzburgs Vorsänger Salva Rede und Antwort zur Freundschaft zwischen der Union Ultra '99 (die Ultras Unione kamen aus der Lagunenstadt Venedig lieber Josef) und der Gruppo Erotica 1987 aus Barletta, gefolgt vom Derbybericht (erschienen auf der Homepage der Salzburger Ultragruppe... www.ultras.at anno dazumal - genaugenommen anno 2007) Brindisi vs. Barletta...
Summa Summarum ergeht auch diesmal eine absolute Kaufempfehlung fürs neue Unterwegs. Schlagt zu, solange Ihr noch könnt!
Unterwegs 16
Herausgeber: Josef Gruber
Kontakt: gruberjosef.jg@gmail.com
Format: A5 - farbig

Seiten: 96

Dienstag, 7. November 2017

Rezension: BLOCK WEST ECHO 39

Auch diesmal umfasst das Block West Echo der Ultras Rapid weit über 200 Seiten! Neben dem obligatorischen Saisonrückblick (Frühjahr 2017 - 26 Seiten), bei dem man das Cupfinale gegen das Werbekonstrukt aus Bad Fuschl am See (RB Salzburg) mit vier Seiten ausführlich Revue passieren lässt, stellt das 40jährige Jubiläum des Block West den ersten Schwerpunkt des Heftes. So wird dem geneigten Leser mittels Interviews - neben einem der "Alten Hasen" (Roland Holzinger), kommen alle Vorsänger, der 1er Trommler, sowie die Choreographieverantwortlichen (unter dem Südtiroler Tommaso wurden die Ultras Rapid übrigens im Sommer 2005 mit dem T.I.F.O. Award für die besten Choreographien der abgelaufenen Saison ausgezeichnet) - auf vierzig (!) Seiten die Entwicklung der Fankultur in der Kurve der Hütteldorfer auf durchaus ansprechende Art und Weise dargelegt. Mir persönlich gefallen gerade die persönlichen Highlights, aber auch die erlittenen Rückschläge der einzelnen Protagonisten wahnsinnig gut. Bisweilen kann man sich richtig in die Gefühlslage der Interviewten hineinversetzten... Es folgen eine überaus sehenswerte (Foto)Zeitreise durch 40 Jahre Block West, bei der mich als alten Nostalgiker gerade die Bilder aus den Anfangsjahren unheimlich begeistern konnten, sowie abschließend ein Bericht über das 40 Jahre Block West Fest, das die Fanszene am 15. Juli 2017 in der Säulenhalle hinter dem neuen Block West zelebrierte... Die nächsten vierzehn Seiten beschäftigen sich mit einem mehr als leidigen Thema - fünfzehn Jahre beschissene Stadionverbote (begonnen hat es mit dem Testspiel im burgenländischen Eisenstadt gegen Arsenal, das nach Tumulten mit der Kiwarei abgebrochen wurde). Später im Heft beleuchtet man noch die Entwicklung der Alpenrepublik zum Polizeistaat, sowie den höchst umstrittenen §274 des Strafgesetzbuches, mit dem der Staat dem revoltierenden Pöbel Einhalt gebieten will (seinen Ursprung hat besagter Artikel, bei dem der Strafbestand des "Landfriedensbruch" behandelt wird übrigens im Jahr 1852!)... Mein persönliches Highlight folgt mit dem dritten Teil der Reihe von "Amarcord Veneziamestre", in dem die Ultras über die Auswärtsspiele der Fioi in Torino (23.12.2001 - beim Gastspiel der Orange-Grünen bei Torino Calcio war ich zusammen mit dem Nürnberger Klaus Flurer ebenfalls anwesend) und Salerno (26.03.2005) berichten (auch diesmal garniert mit der jeweiligen Entwicklung der Fanszene der Gegner von damals bis heute), was natürlich nicht zuletzt mit meiner Affinität zu Veneziamestre zu tun hat. Weiter geht es mit den Freunden aus Athen (neben einem Saisonrückblick des Gate 13 berichten die Ultras Rapid über ihren Besuch anlässlich des Heimderbys gegen Olympiakos Piräus im März 2017), ehe nach einem Saisonrückblick der Ultras Nürnberg der zweite Schwerpunkt folgt - 15 Jahre Ultras Rapid & Ultras Nürnberg. Neben ausführlichen Berichten über "Hin- und Rückspiel" in Wien und Nürnberg, erzählt ein Wiener Ultra von seiner Radtour nach Nürnberg (zu den Feierlichkeiten der Freundschaft), ehe man ausführlich unter dem Motto "Momente die man nie vergisst..." auf die Geschichte der Freundschaft zurückblickt. Es folgen (Spiel)Berichte von Wiener Besuchen beim Glubb und Rückblicke auf das 3. Adrian Fiedler Gedenkturnier und die 10 Jahre Pokalsieger Feier (in diesem Zusammenhang wird auch ein im BWE 28 veröffentlichter Bericht vom Pokalfinale 2007 erneut abgedruckt). Insgesamt drehen sich sage und schreibe fünfzig Seiten um den 1.FC Nürnberg und seine Ultras... Zum Schluss gibt es noch einen ausführlichen Rückblick auf den 8. April 2017 - an jenem Tag wurde der Mannschaft nach dem verlorenen Auswärtsspiel (Rapid steckte zu diesem Zeitpunkt ganz tief im Tabellenkeller) auf einem Rastplatz ordentlich die Leviten gelesen, Interviews mit der lebenden Legende Alfred Körner (spätestens nach dem Hanappi-Abschiedsspiel gegen Celtic sollte der 91jährige jedem Rapidinteressierten ein Begriff sein) und "Il Genio" Dejan Savicevic, sowie Berichte über Spruchbänder - ein essentielles Element, um der Kurve "Sprache zu verleihen" und den Besuch des Genueser Derbys im März , wobei mich besonders die Bilder aus dem CFC Museum, das die Ultras vor dem Derby della Laterna besuchten.
Block West Echo 39
Herausgeber: Ultras Rapid
Format: A4 - farbig

Seiten: 220