Sonntag, 16. September 2018

as time goes by...

Heute vor einundzwanzig Jahren spiele mein VfL Bochum das erste Mal im internationalen Wettbewerb - Gegner war der damalige Tabellenführer der türkischen Süper Lig Trabzonspor. Für mich (und wohl auch die meisten meiner damaligen Mitstreiter) ein Traumlos (die folgenden drei Gegner im internationalen Wettbewerb konnten eigentlich keinen von uns so richtig begeistern - Holland und Belgien, das waren unsere Ziele nach den Heimspielen respektive am Tag vor oder nach den Spielen), auch wenn es seinerzeit doch ein großes Loch in meine stets klamme Azubikasse reißen sollte. Bevor ich Euch meinen damaligen Bericht (Red News Ausgabe 9), sowie die Erinnerungen aus meinem Bildband präsentiere, noch schnell alles sportlich wissenswerte zu diesem Spiel...
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1. Runde UEFA-Cup, Dienstag 16. September 1997, Hüseyin-Avni-Aker-Stadion Trabzon
Trabzonspor vs. VfL Bochum 2:1 (2:1) - 12.000 Zuschauer
Trabzonspor: Metin - Ogün - Rada - Iskender - Orhan - Mehmet - Ünal - Abdullah - Misse-Misse - Hami - Cetin
VfL Bochum: Gospodarek - Waldoch - Kracht - Reis - Sundermann - Dickhaut - Wosz - Reichel - Schreiber - Baluszynski - Juran
Eingewechselt: 54. Osman für Rada, 66. Vugrinec für Cetin - 61. Kötzle für Baluszynski, 86. Donkov für Juran
Tore: 0:1 Baluszynski (1., Foulelfmeter), 1:1 Hami (22. Foulelfmeter), 2:1 Cetin (45.)
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Hinspiel 1. Runde UEFA-Cup am 16.09.1997
Hüseyin Avni Aker Stadyumu Trabzon
Trabzonspor vs. VfL Bochum 2:1

Dieses absolute Kultspiel am schwarzen Meer durfte auf keinen Fall verpasst werden, war es doch der erste Auftritt einer Bochumer Mannschaft auf internationaler Bühne. Unter Einsatz zahlreicher Schweißtropfen schaffte ich es letztendlich, meinem Brötchengeber zwei Tage Urlaub abzubetteln. Mehr war leider nicht möglich, hatten wir just zu dieser Zeit einen personellen Engpass in der Arbeit... Während die meisten Türkeifahrer sich für einen Zweitagesausflug entschieden, blieb mir keine große Wahl, und so nahm ich halt den Tagesflug, der allerdings erst ab Bonn gehen sollte. Nach Arbeitsende am Montag ging es einmal mehr mit dem Zug nach Bochum, wo mich BO-Showman dankenswerterweise abholte. Dieser hatte sich auch für die Tagestour entschieden, Schule sei dank! Nach kurzer Nacht ging es um sechs Uhr mit der S-Bahn zum Bochumer Hauptbahnhof, von wo aus es mit dem Bus weiter zum Flughafen Köln-Bonn gehen sollte. Nach und nach trafen dann auch die restlichen Passagiere ein, nur ließ unser Bus noch auf sich warten. Mit halbstündiger Verspätung machten wir uns dann auf den Weg... Außer uns siebenundfünfzig Fußballreisenden waren es lediglich zwei oder drei türkische Familien, die sich mit diesem Flug auf nach Trabzon machten, womit das Flugzeug nicht einmal zur Hälfte gefüllt war. Sollte das ein Zeichen für das Vertrauen der Leute an Istanbul Airlines sein? Keine Ahnung, ist auch egal, schließlich erreichte man nach vierstündigem Flug wohlbehalten die Hafenstadt Trabzon. Doch bevor man offiziell türkischen Boden betreten durfte, stand noch die Passkontrolle an, die aber recht lasch ablief... Vor dem Flughafengebäude wurde man schon sehnsüchtig von Streetworker Ralf Zänger erwartet, der heute als Reiseleiter fungierte. Von ihm erfuhr man, dass bis kurz vor unserer Ankunft überhaupt noch nicht klar war, ob das Spiel ausgetragen würde, hatte doch die UEFA dem baulichen Zustand des Stadions bemängelt. Darüber hinaus hatten die Verantwortlichen von Trabzonspor zu viele Karten verkauft... Ein flaues Gefühl in der Magengegend war die logische Folge. Mit dem Bus, der von Polizeiautos eskortiert wurde, ging es noch zum Atatürk Platz, wo sich die meisten Bochumer 'rumtrieben. Nachdem man sich ein wenig in der näheren Umgebung herumgetrieben hatte, jedoch nicht auf die restlichen Fantastic Supporters, die bereits tags zuvor geflogen waren, gestoßen war, ging es mit dem Taxi zum Hüseyin Avni Aker Stadyumu, vor dem schon reges Treiben herrschte. Schnell noch mit dem einen oder anderen Souvenir eingedeckt, und schon ging es durch einen wahrhaft engen Gang ins Stadioninnere, wo sich schon zahlreiche Bochumer befanden, darunter natürlich auch unsere Leute. Nachdem man die Fahnen einigermaßen fernsehgerecht am Zaun befestigt hatte, wurde erst einmal für schlappe zwei Mark lecker gespeist, ehe man sich von den anderen ihre bisherigen Reiseerlebnisse erzählen ließ. Schien ja ganz lustig gewesen zu sein... Die Hölle von Trabzon, wie die Fans ihr Stadion gerne nennen, befindet sich momentan im Umbau, so dass eine der beiden Tribünen so gut wie leer blieb. Bleiben also nur noch die große Tribüne auf der Gegengerade, sowie die etwa zehn Reihen hohen Kurven hinter den beiden Toren, auf denen sich bis zum Anpfiff etwa 11.000 Zuschauer, darunter beachtliche siebenhundert Bochumer, einfanden. Zum Spielbeginn gab es auf unserer Seite nur ein Spruchband, auf dem man den Heimfans mitteilte, dass das Schwarze Meer blau und weiß werden würde, während die Bad Boys auf der Gegenseite mit zwei Bengalen hantierten. Da hatte ich mir von den Türken aber mehr versprochen... Anfänflich wurde das Spielgeschehen von unseren Spielern klar dominiert, so dass nach zehn Minuten bereits alles hätte klar sein können, ja sogar müssen. Doch anstatt mit zwei oder gar drei Toren führte man "nur" mit eins zu null durch einen Foulelfmeter in der ersten Minute. Leider fielen kurz vor der Pause noch zwei Tore für die Gastgeber, so dass man schon mit dem Schlimmsten rechnete. Unsere Jungs hielten sich dann aber recht wacker so dass es am Ende auch beim knappen zwei-zu-eins-Sieg für Trabzonspor blieb. Von der oft angekündigten Stimmung seitens der Gastgeber hatte man nicht all zu viel zu hören bekommen, aber auch auf unserer Seite hätte es deutlich besser sein können. Die Spieler kamen dann noch kurz zur Kurve, um sich artig bei den mitgereisten Fans zu bedanken, ehe wir uns, nach halbstündiger Blocksperre, mit dem Bus wieder in die Innenstadt aufmachten. Dort trieben sich dann einige Türken 'rum, wobei man nicht so genau wusste, ob diese provozieren oder nur feiern wollten! Nach kurzem Kneipenaufenthalt ging es noch ans Schwarze Meer, wo sich Herr Schaumann angeregt mit einem Türken unterhielt, wobei keiner die Sprache des anderen beherrschte (?!?). Als man auf Zypern zu sprechen kam, zeigte uns Ahmet, do hieß unser Gesprächspartner, mal eben schnell seine Knarre... echt sonderbar diese Türken. Irgendwann gegen eins machten wir uns dann auf den Weg zum Flughafen, wo man noch knapp drei Stunden auf den Abflug unserer Maschine warten musste. Da wurde die Wartehalle halt einfach zur Liegewiese umfunktioniert, und do schlief gut die Hälfte der Bochumer bis zum Abflug durch... Total fertig schleppte ich mich dann zum Flugzeug, um wenige Minuten später wieder ins Reich der Träume zu entschwinden. Erst im Landeanflug auf Köln-Bonn erwachte ich wieder, so dass der Flug ziemlich kurzweilig von Statten ging. Während sie anderen sich via Bus wieder auf den Weg in den Pott machten, verabschiedete ich mich Richtung Kölner Hauptbahnhof, von wo es mit dem Zug Richtung Süddeutschland ging. Da ich in Mannheim noch auf den Wuppo traf, verging auch diese Fahrt ziemlich schnell, und um kurz nach vierzehn Uhr betrat man endlich wieder Münchner Boden... Diese Tour war mit Abstand die beste, die ich je miterleben durfte. Bleibt nur zu hoffen, dass der VfL Bochum im Rückspiel die Niederlage noch ausbügeln kann, und uns somit eine weitere Reise durch Europas Stadien beschert. Gruß an Alle die dabei waren.
(Red News Ausgabe 9)

16. September 1997
Trabzonspor vs. VfL Bochum 2:1

Das erste Mal vergisst du nie! Für rund siebenhundert Bochumer trifft diese Aussage mit Sicherheit zu. Viele viele Jahre sind die meisten von uns dem VfL schon "hinterhergefahren", nach Meppen ebenso wie zum FC Bayern... oft haben wir gelitten, gebangt... durch jedes Tal der Tränen sind wir mit dir gegangen - stets stolz darauf ein Teil der VfL-Familie zu sein... Trabzon war und bleibt der Höhepunkt der meisten Anwesenden - unser VfL, die "graue Maus" endlich auf der großen internationalen Bühne - einfach geil! Und leider nur sehr schwer in Worte zu fassen...
(MOMENTAUFNAHMEN - zwölf Jahre "analog" unterwegs)


Heute - einundzwanzig Jahre später - schlug unsere Elf (leider inzwischen als Kapitalgesellschaft agierend) den FC Ingolstadt mit sechs zu null!