Freitag, 6. März 2020

"das hässliche Gesicht" - ein paar Worte zum "Niedergang des Abendlandes"

Ich hab mir echt lange überlegt, ob ich zu den Vorkommnissen des letzten Wochenendes - der Vorstandsvorsitzende der FC Bayern München AG nannte es "das hässliche Gesicht von Bayern München" - meinen "Senf" abgeben soll. Viel zu lange habe man die Auge zugemacht, was in den Kurven passiert, war eine weitere Aussage des Herrn Rummenigge... Nun ja, scheint wohl was Wahres dran zu sein, sonst hätte er die Spruchbänder, auf denen der Investor (Mäzen will und kann ich hier nicht schreiben - auch wenn das die Medien so gerne machen - da ein Mäzen für seine Unterstützung in der Regel keine direkte Gegenleistung verlangt; im Fall der Sinsheimer Fußballer definitiv nicht der Fall) der TSG Hoffenheim beleidigt wurde, nicht mit Rassismus, Sexismus und der Gleichen in Verbindung gebracht; genau die "Dinge", gegen die die Ultras der Münchner Südkurve seit Jahren kämpfen!

Als ich die zweimaligen Spielunterbrechung der Partie zwischen Hoffenheim und dem FC Bayern im Radio verfolgte, war ich ehrlich gesagt schon ein wenig überrascht, eine Farce war dann das Ball-hin-und-her-Geschiebe beider Mannschaften in der verbleibenden letzten Viertelstunde. Unglaublich, wie das im Nachgang auch noch gefeiert wurde. Schier die Schuhe hat mir aber die mediale (Nach)Betrachtung in den folgenden Tagen ausgezogen - als Beispiele seien hier das Aktuelle Sportstudio, Doppelpass (mit Mario Baslers "Hexenjagd" auf den vermeintlichen Rädelsführer - über die sexistischen Aussagen verliere ich jetzt lieber keine Worte!) und Blickpunkt Sport genannt... Mit seriösem Journalismus hatte das Ganze wenig zu tun (um es mal gelinde auszudrücken) - so hätte Frau Müller-Hohenstein DFB-Präsident Fritz Kellers Aussage "Wir sind am Tiefpunkt angelangt" durchaus (kritisch) hinterfragen müssen. 

Sowohl die Vereins-/Verbandsoberen als auch die (meisten) Medien echauffieren sich an dem, auf den Spruchbändern verwendeten Wort "Hurensohn" (zweifelsohne kein schönes Wort, aber im Sprachgebrauch vieler Fans - auch derjenigen, die jetzt in den sozialen Netzwerken gegen die bösen Ultras "hetzen" - seit Jahren gang und gäbe... ich erinnere nur an das BVB Hurensöhne, das die Schwarz-Gelben Woche für Woche aus des Gegners Blöcken zu hören bekommen oder an Timo Werner, dessen Mutter in Deutschlands Stadien und sogar am Ballermann immer wieder verunglimpflicht wird), das eigentlich "nur" Mittel zum Zweck war, ging es doch primär um die, vom Deutschen Fußball Bund trotz anderslautender Absprache mit der aktiven Fanszene erneut verhängten Kollektivstrafen gegen den Anhang der Dortmunder (diese dürfen in den kommenden zwei Spielzeiten wegen wiederholter Beleidigungen gegen Dietmar Hopp nicht nach Sinsheim reisen)… So lautete das komplette Spruchband der Schickeria "ALLES BEIM ALTEN: DER DFB BRICHT SEIN WORT - HOPP BLEIBT EIN HURENSOHN" - von den Medien mehr oder weniger auf bereits erwähntes "HURENSOHN" reduziert... Auch hier blieb ein kritisches Hinterfragen des kompletten Wortlautes leider aus!

Das Dietmar Hopp und seine TSG Hoffenheim der aktiven Fanszene ein Dorn im Auge sind, liegt an der (von der Deutschen Fußball Liga geduldeten) Missachtung der "50+1 Regelung", was spätestens seit dem Bundesligaaufstieg der Kaichgauer immer wieder zu Anfeindungen führte - also definitiv nichts Neues...

Spielunterbrechungen/-abbrüche (Stichwort "Drei-Stufen-Plan") wurden ins Leben gerufen, um Diskriminierungen und Rassismus entgegenzutreten. Fraglich nur, warum ausgerechnet Herr Hopp zu einer benachteiligten Minderheit gehört, respektive eine nachteilige Behandlung aufgrund von Religion, Herkunft, Äußerem , Abstammung, Geschlecht, sexueller Orientierung oder Behinderung widerfährt... An dieser Stelle sei die Frage erlaubt, warum die Spiele in Gelsenkirchen gegen Hertha BSC (der dunkelhäutige Spieler Jordan Torunarigha wurde von Schalker Fans rassistisch beleidigt) oder am vergangenen Dienstag gegen den FC Bayern (der ehemalige Gelsenkirchener und heutige Torwart des deutschen Rekordmeisters wurde wiederholt von der Nordkurve als - aufgemerkt - "HUHRENSOHN" bezichtigt) nicht unterbrochen wurde... Tja, wer zahlt schafft (scheinbar) an!

Richtig perfide fand ich jedoch Aussagen, die das Verhalten der Ultras (neben den Münchnern zeigten noch etliche weitere Gruppen/Kurven Spruchbänder gegen Hopp und den DFB) mit Rassismus oder gar dem Anschlag in Hanau auf eine Ebene stellten... Dass gerade die Münchner Ultraszene seit Jahren aktiv gegen Rassismus und für eine diskriminierungsfreie Kurve, Stadt und Gesellschaft einsetzt, ist sowohl den Verantwortlichen des FC Bayern, dem DFB (der vor sechs Jahren der Schickeria noch den Julius Hirsch Preis verliehen hatte), als auch den meisten Journalisten (bewusst oder unbewusst) entfallen...

Glücklicherweise tauchten (nach und nach) auch ein paar Artikel auf, die sich differenziert mit dem Thema auseinandersetzten (auch wenn hier die Wortwahl hinsichtlich Herrn Hopp zumeist verständlicherweise kritisiert wird), schließlich gibt es in Deutschland und im Fußball weitaus wichtigere Probleme/Missstände, die man lieber angehen sollte...

So, damit sollte alles gesagt respektive geschrieben sein. Ich hoffe Ihr konntet meinen (teils wirren) Gedanken (irgendwie rattert es in meinen Gehirnwindungen momentan ununterbrochen, wobei das Hauptaugenmerkt eigentlich nicht beim Thema "Dietmar Hopp" und der nächsten Runde im Kampf der (Ultra)Szene gegen den Deutschen Fußball Bund liegen sollte... aber das ist eine andere Geschichte) folgen. Ich bin gespannt, in welche Richtung sich das "Ganze" in den nächsten Tagen/Wochen/Monaten entwickelt... 

VfL Bochum vs. SV Sandhausen (Foto: PhotomafiA Bochum)