Nach sechs sieglosen Spielen, in denen unser Mannschaft lediglich vier Tore auf der Habenseite verbuchen konnte (und das bei vierzehn Gegentoren), musste in Heidenheim unbedingt gewonnen werden, um noch halbwegs realistische Chancen auf das Erreichen des Relegationsplatzes zu haben; in der eigenen Hand hatten wir das nach dem durchaus enttäuschenden Unentschieden im Heimspiel gegen die Eisernen aus Köpenick (in dem sich einmal mehr zeigte, dass die Mannen von Trainer Dieter Hecking zwar alles in die Waagschale geworfen haben, es aber letztendlich nicht nur am Fortune, sondern auch an der fehlenden Qualität des Kaders scheiterte - hier hatte man nach den Abgängen von Kevin Stöger, Keven Schlotterbeck, Takuma Asano und Patrick Osterhage den Kader definitiv nicht gleichwertig "aufgefüllt") ohnehin nicht mehr. Für mich der Moment, in dem der letzte Hoffnungsschimmer zu schwinden begonnen hatte; auch wenn man sich ja gerade als langjähriger leiderprobter VfLer bekanntlich an jeden Strohhalm klammert!
Um die Mannschaft noch einmal ordentlich zu puschen, war das Abschlusstraining am 1. Mai auf Wunsch der aktiven Fanszene ins Ruhrstadion verlegt worden; weit über viertausend Fans versuchten die Spieler hinter der "Immer vorwärts VfL Bochum" Zaunfahne für das alles entscheidende Spiel noch einmal richtig heiß zu machen. Heiß her gehen sollte es auch bei der Abfahrt des Spielerbusses in Richtung Ostalb.
Ich muss zugeben, dass meine Anspannung auf dem Weg nach Heidenheim von Minute zu Minute größer wurde; zumindest das nötige Feuer scheine ich in all den Jahren noch nicht verloren zu haben (auch wenn ich zugeben muss, dass die Flamme zwischenzeitlich nur noch auf Sparflamme loderte; man nehme beispielsweise die Ausgliederung im Oktober 2017 oder die "Entfremdung" des Profifußballs während der Corona-Pandemie). Für ein wenig Ablenkung sorgten die vielen Bekannten, die sich nach und nach vor dem Gästeblock des Albstadions einfanden (aufgrund einer Buspanne und dem damit verbundenen "Umstieg" auf Autos und Neuner kam Ultras Bochum "tröpfchenweise" an). Ein Riesendank an dieser Stelle an die große Abordnung unserer Münchner Freunde, die uns bei diesem "Schicksalsspiel" unterstützten! Knapp vierzig Minuten vor dem Anpfiff wurde es dann langsam aber sicher Zeit sich in die Schlange vor dem Einlass zum Gästeblock einzureihen. Zum Warmlaufen der Spieler wurde es bei uns das erste Mal richtig laut; ganz ehrlich, mir lief es eiskalt den Rücken 'runter! Als beide Mannschaften um kurz vor halb neun das Spielfeld betraten präsentierte das Ruhrstadtkollektiv eine Fähnchenchoreographie unter dem Motto "SCHIESS EIN TOR - LASS UNS TRÄUMEN", bei der neben besagter Folienfahnen (in den drei Blautönen der Gruppe) auch Konfettishouter zum Einsatz kamen. Was die gut zweitausend mitgereisten Bochumer in den folgenden hundertneun (allein in Halbzeit zwei gab es aufgrund der schweren Verletzung des Heidenheimer Keeper Kevin Müller, der nach einem Zusammenstoss mit Ibrahima Sissoku bewusstlos zu Boden ging, vierzehn Minuten Nachspielzeit; im ersten Durchgang erlitt Philipp Hofmann einen Rippenbruch, wobei sich die Rippe ins Rippenfell bohrte und so einen Lungenkollaps auslöste) Minuten in punkto Stimmung ablieferten war definitiv erstligareif (in meinen Augen der beste Auswärtsauftritt seit dem Klassenerhalt 2022 beim Nachbarschaftsduell in Dortmund). Obwohl unsere Mannen auch heute der Wille keinesfalls abzusprechen war, schaffte man es nicht, eine der wenigen Chancen (hundertprozentige hatten wir meines Wissens nach exakt zwei; erst traf Myron Boadu nur den Pfosten, ehe er in der Nachspielzeit den Ball neben das Tor lupfte, anstatt den Ball auf den mitgelaufenen Moritz Broschinski quer zu legen; wobei ich mir nicht sicher bin, ob der ehemalige Dortmunder dann nicht auch wieder über die eigenen Beine gestolpert wäre - unglaublich, was dieser Kerl auf dem Platz zusammen-stolpert!) in Zählbares umzumünzen, so dass es letztendlich bei einem torlosen Unentschieden blieb. Zum (vorzeitigen) Sterben zu viel, zum Leben zu wenig! Obwohl ich - wie eingangs berichtet - nach dem Unentschieden gegen Union innerlich schon mit dem Klassenerhalt abgeschlossen hatte, drohten mich nach dem Schlusspfiff meine Gefühle doch (noch einmal) zu übermannen. Scheiße; nie war es einfacher die Liga zu halten als in dieser Saison.
Rechnerisch ist es ja noch immer möglich, einzig der Glaube (wobei die zwei Siege der eigenen Mannschaft in meinen Augen unrealistischer sind, als die notwendigen Patzer von Kiel und Heidenheim) daran fehlt.